RHEINISCHE POST, 20. Januar 2024

Eine-Welt-Gruppe Xanten unterstützt Menschen in Israel und Palästina

Xanten · Die Eine-Welt-Gruppe Xanten unterstützt mit ihren Spendenerlösen in diesem Jahr vorrangig Menschen in Israel und Palästina. Welche Projekte gefördert werden und wie sich der Nahostkonflikt auch auf den Fairen Handel auswirkt. Von Jürgen Kappel

 

Wegen des Nahostkonflikts fördert die Eine-Welt-Gruppe in diesem Jahr vorranging Projekte in Israel und Palästina (v.l.): Anette Artz, Elke Kleuren Schryvers, Jeannette Osthus, Annemarie Pieper, Wolfgang Schneider. 
Foto: Jürgen Kappel

Das Attentat der Hamas und der darauffolgende Krieg im Gaza-Streifen mit zahlreichen Opfern in der Zivilbevölkerung haben die Eine-Welt-Gruppe in Xanten veranlasst, die diesjährige Spende zu einem großen Teil dieser Region zukommen zu lassen. Insgesamt verteilt der gemeinnützige Verein 6000 Euro in jeweils gleicher Höhe an vier Projekte. Drei Projekte betreffen unmittelbar Israel beziehungsweise das von Palästinensern bewohnte Gebiet. Das vierte Projekt ist das von der Aktion Pro Humanität gegründete Krankenhaus in Gohomey in Benin, das zum wiederholten Mal gefördert wird.

„Wir weichen in diesem Jahr von der bewährten Spendenvergabe ab, wonach wir ein Drittel der Summe an ein Projekt aus dem Fairen Handel, ein Drittel an ein Xantener Projekt und ein Drittel an ein von Misereor unterstütztes Projekt gespendet haben“, sagt Wolfgang Schneider, Vorsitzender der Eine-Welt-Gruppe. „Aber im Angesicht einer solchen Tragödie wie am 7. Oktober bleibt uns nur die Solidarität mit jenen, die sich für eine Welt ohne Krieg und Gewalt einsetzen. Wir sind der festen Überzeugung, dass Solidarität und Unterstützung wichtige Instrumente sind, um die Visionen eines friedlichen Miteinanders in Israel und Palästina zu erreichen.“ Man könne durch solche Zeichen politische Prozesse nicht beeinflussen oder gar verändern, aber „Solidarität sei ein wichtiges Zeichen der Menschlichkeit“, betont Schneider.

Der anhaltende Konflikt zwischen dem von der Hamas beherrschten Gaza-Streifen und Israel habe tiefe Spuren in den Herzen der Menschen hinterlassen, auch bei den Handelspartnerinnen und -partnern wie der Holy Land Handicraft, sagt Anette Artz, Geschäftsführerin des Xantener Weltladens. Die Gesellschaft „Holy Land Cooperarive Society“ wurde nach Auskunft von Artz 1981 gegründet und ist nach ihren Worten die erste zertifizierte Fair Trade Organisation (Faire Handelsorganisation) der arabischen Welt. Seitdem die politische Stabilität im Westjordanland völlig aus den Fugen geraten sei, würden die Handwerkerinnen und Handwerker, die Produkte aus Olivenholz für den Verkauf in Eine-Welt-Läden produzierten, in eine ungewisse Zukunft sehen. Die Unterstützung aus dem Ausland, so Artz, sei zurzeit die finanzielle Rettung. Nur auf diese Weise könne das Handwerk weiter existieren, das eine Grundlage für die notwendige Arbeitsmöglichkeit schaffe. Dies wolle man mit dem Beitrag der Spende unterstützen, sagt Artz.

Ein zweiter Teil der Spende geht nach Beit Sahour in Palästina. Seit mehr als zehn Jahren besteht zwischen der Stadt Xanten und der östlich von Bethlehem gelegenen Stadt eine Partnerschaft. Man habe besonders ältere Menschen in der Partnerstadt im Blick, erläutert Jeannette Osthus, stellvertretende Vorsitzende. Aus diesem Grunde habe man das Rathaus in Beit Sahour gebeten, eine Apotheke zu benennen, die besonders Senioren vor Ort medizinisch unterstützt. Die Summe habe die Sparkasse in Xanten an die Stadt Beit Sahour auf den Weg gebracht.

Der dritte Teil geht an ein Traumazentrum in der Stadt Sderot im Süden Israels. Durch innovative Therapieansätze habe das Zentrum vor allem bei Kindern und Jugendlichen hohe Heilerfolge erzielt, sagt Schneider. Der barbarische Angriff am 7. Oktober auf die grenznahe Stadt Sderot habe dieses liebevoll aufgebaute Behandlungszentrum nicht unversehrt gelassen. Aber das hindert das engagierte Team nach Ansicht von Schneider nicht daran, die durch das Massaker traumatisierten Einwohner zu behandeln. Der Schock, die Trauer und die unerträgliche Ungewissheit hätten das Leben der Bewohner dort, so Schneider, in eine „wahre Hölle verwandelt“. Die Therapeuten des Zentrums hätten jedoch eine spezielle Methode entwickelt, das Erlebte zu verarbeiten und die seelische Gesundheit wieder teilweise wiederherzustellen. Das Zentrum, sagt Schneider, benötige Hilfe, um wieder aufgebaut zu werden. „Gehege müssen repariert werden, Einschusslöcher geflickt und die Tier- und Pflanzenwelt für die Therapien wieder heimisch gemacht werden“, erklärt Schneider.

Der vierte Teil geht an das Krankenhaus in Gohomey, das vor mehr als 20 Jahren eröffnet wurde. Nach den Worten von Elke Kleuren-Schryvers, Vorsitzende der Aktion Pro Humanität, gleicht die Entwicklung des Hospitals einer Erfolgsgeschichte. Das Krankenhaus diene der unmittelbaren medizinischen Basisversorgung von rund 20.000 Menschen in der ländlichen Kommune Gohomey. Das Einzugsgebiet, aus dem die Patienten nach ihren Erfahrungen zur Behandlung kommen, umfasse rund 800.000 Menschen. Das Hospital biete ambulante und stationäre Behandlung in den Fachgebieten Allgemeinmedizin, Gynäkologie und Geburtshilfe, Pädiatrie, Innere Medizin inklusive Blutbank und Blutspendedienst sowie Zahnheilkunde und Chirurgie. Impfkampagnen gehören ebenso zum Basisprogramm wie Schwangeren- und Aidsberatung.

In den vergangenen 25 Jahren sind Kleuren-Schryvers zufolge mehr als eine halbe Million Menschen medizinisch versorgt und behandelt worden. Dabei spezialisiere sich das Hospital immer stärker im Bereich der Aids-Therapie.
 

Info  Hospital in Benin braucht einen Anbau
Das Krankenhaus platzt aus allen Nähten. Dank der Inbetriebnahme eines OP-Containers am Krankenhaus in Gohomey im Jahre 2015 können heute direkt vor Ort, mitten im westafrikanischen Busch, unterschiedliche Operationen durchgeführt werden. Ständige Projektaufenthalte deutscher Ärzte sichern die Aus- und Fortbildung afrikanischer Ärzte. „Aber das Krankenhaus platzt aus allen Nähten“, sagt Annemarie Pieper, die seit Jahren gemeinsam mit einem Team um den früheren Chefarzt Johannes Kohler nach Gohomey fliegt. Um die Situation vor allem für die Kinder zu verbessern, plane man einen kleinen Anbau mit 25 Betten.